Der Krebs und mein Gefühl

Eine Krebsdiagnose ist ein Schock, das habe ich selbst vor fast zehn Jahren erfahren. Mit diesem Text möchte ich von meinem Weg erzählen und Menschen Mut machen, nach ihrem eigenen Weg zu suchen. Dieser Text ergreift keine Partei: Denn ich bin davon überzeugt, dass es manchmal die Schulmedizin braucht, manchmal die Naturheilkunde – aber eben ganz oft beides. Oder um es anders auszudrücken: Es gibt nicht die eine Autobahn der Krebsheilung, sondern viele individuelle Schritte, Etappen, Entscheidungen und Umwege. Und das für mich wichtigste: mein Gefühl zu mir selbst.

Nicht fünf vor zwölf, sondern zehn vor eins

Das Zimmer hatte kein Tageslicht, nur eine Schreibtischlampe. Es wurde noch dunkler als ich in das ernste Gesicht des Arztes schaute: „Es ist ein fünf Zentimeter großes Karzinom, Sie wissen was das heißt?“ Ja, das wusste ich: Bösartige Tumore in den Eierstöcken metastasieren sehr schnell. Am besten greift man ganz früh, ganz radikal ein. Konkret sollte ich mich einer Total-Operation unterziehen, in der meine Gebärmutter, meine Eierstöcke, meine Eileiter und Lymphknoten entfernt werden – und zwar morgen! Direkt im Anschluss: Chemotherapie. Es war nicht fünf vor zwölf, sondern zehn vor eins.

Während der zwei Wochen in denen ich auf diese Diagnose warten musste, fiel ich psychisch ganz nach unten. Meine Tochter war sieben Jahre alt, ich war 37, ich hatte das Gefühl meine Zeit ist abgelaufen. Obwohl ich ein sehr positiver Mensch bin, bekam ich innerhalb dieser kurzen Zeit eine Depression. Ich konnte nicht mehr aufstehen, nicht mehr schlafen, der Rollladen blieb unten. Ich hatte von Anfang an gespürt, dass es bösartig ist.

Ich brauche mehr Zeit

Ebenfalls aus meinem inneren Gefühl heraus, entgegnete ich dem Arzt, dass ich
mich am nächsten Tag, einem Freitag im März 2008, nicht operieren lassen werde. Alles in mir sträubte sich. „Dann am Montag“, beschloss er. „Nein“, erwiderte ich. Nach einem langen, schwierigen und intensiven Gespräch, gewährte er mir zögernd vier Wochen.

Das nahm mir etwas den Druck und ich hatte Zeit in eine homöopathische Klink in der italienischen Schweiz zu fahren. Nach 14 Tagen und vielen Gesprächen mit einer Ärztin in dieser Klinik sah ich wieder etwas Licht und konnte wieder schlafen. Meine Biografie als ehemalige Krankenschwester für Intensivmedizin und in der Onkologie waren dabei aufgrund meines Fachwissens ein Segen – aber gleichzeitig auch ein Fluch: Denn ich habe häufig mitbekommen, wie Patienten an Krebs im Krankenhaus sterben – doch diejenigen die gesund wurden, kamen natürlich nicht mehr zu uns. Das fehlte mir. Ich musste mit diesen Menschen reden. Ich musste sehen, wie ein junger Mensch nach solch einer Diagnose wieder normal im Leben steht. Das hat mir sehr geholfen.

Die zweite Meinung

Mein Kampfgeist kehrte zurück, ich wollte das Gewebe nochmals genauer untersuchen lassen. Mein Gefühl sagte mir: „Das kann nicht sein, das passt nicht: ich bin doch erst 37.“ Ich brauchte eine zweite Meinung. Notfalls hätten wir die Zyste abgeholt und in die Pathologie gefahren, die sich auf Tumorzellendifferenzierung spezialisiert hat. Die Reaktion meines Arztes als mein Mann ihn anrief, war unmissverständlich: „Ich verstehe, dass sie sich an diesen Strohhalm klammert, aber wenn bei der zweiten pathologischem Untersuchung etwas anderes herauskommt, dann müsste ich meinen Job an den Nagel hängen…“

Der Befund kam telefonisch: „Es ist ein Borderline-Tumor.“ Das heißt die bösartigen Zellen waren abgekapselt und nur teilweise minimal-invasiv in die Zyste eingewachsen. Auch wenn es zunächst etwas schwammig und unklar klang, es war eine gute Nachricht. Mein Arzt fiel aus allen Wolken und erklärte, ich brauche keine Chemotherapie – die Total-OP müsse trotzdem sein, die Lymphknoten dürften bleiben.

Erleichterung und Wut

Ich war so erleichtert, dann wurde ich richtig wütend: Was wäre mit mir passiert, wenn ich mich gleich operieren hätte lassen? Die Chemotherapie hätte das Risiko für Leukämie erhöhen können. Ich hatte eine Wahnsinnsangst, dass ich die falsche Entscheidung treffe, weil ich wusste: „Dann bist du vielleicht tot.“

Die Wut wurde immer größer. Ich musste mit jemandem reden, jemand der für diese diagnostische Entscheidung verantwortlich war und rief in der Pathologie an. „Wie kann es sein, dass Sie auf dieser Basis eine Lebensentscheidung für mich getroffen haben?“, wollte ich von der zuständigen Pathologin wissen. Sie habe es sich nicht leicht gemacht, man habe in einem Gremium beraten und wollte verhindern, „dass die Patientin in zwei Jahren mit Lebermetastasen dasteht“. Auf meinen Einwand, dass sie diese Entscheidung nicht hätte treffen dürfen, sie hätte den Arzt informieren müssen, antwortete sie mir: „Wir wollten Ihr Bestes.“ Hintergrund war, dass in der ersten Pathologie die Zellen nur bis zu einem gewissen Grad differenziert wurden und ich aus diesem Grund – aus Sicht der Pathologin – sicherheitshalber in die Tumor-Klassifizierung eingestuft wurde.

Mama, wann bist du gesund?

Nach der zweiten Diagnose habe ich den Arzt gewechselt und keine Total-OP vornehmen lassen, sondern eine laparaskopische Spülung inklusive einer erneuten Gewebeuntersuchung. Ich hatte dieses Mal ein gutes Gefühl, doch als ich aus der Narkose aufwachte und realisierte, dass die geplante Zwei-Stunden-OP nur 45 Minuten gedauert hatte, dachte ich: „Jetzt ist doch alles vorbei.“ Panik stieg in mir auf, selbst als die Narkoseärztin mir erklärte, dass die OP gut verlaufen sei. Erst als der Professor reinkam und mir auf meine Frage „Was haben Sie für ein Gefühl?“ antwortete, dass er ein sehr gutes Gefühl habe und aufgrund seiner Erfahrung davon ausgehe, dass ich gesund bin, spürte ich endlich Erleichterung.

Die nächsten vier Wochen verbachte ich in der Reha, wo ich auch eine Lösung dafür suchte, wie ich meiner damals siebenjährigen Tochter von meiner Krebserkrankung erzählen sollte – sie wusste lediglich dass Mama „krank“ war. Ehrlich war ich diesbezüglich stets zu ihr, zum Beispiel als sie mich im Krankenhaus fragte: „Mama, wann bist du gesund?“ Ich weiß es nicht. „An Weihnachten?“ Das weiß ich nicht. „Dann muss es aber arg schlimm sein“, schlussfolgerte sie.

Wann wäre also der richtige Moment ihr von allem zu erzählen? Ich plante das Gespräch für zu Hause. Doch bei einem Besuch in der Reha kam es anders. Am See blickte mich meine Tochter an und sagte: Mama, ich weiß, dass Du Krebs hast, aber jetzt bist du ja wieder gesund.“

Die rote Lampe geht früher an

Ich bin ein sehr kopflastiger Mensch und habe gelernt, was ich für ein Gefühl für mich selbst habe. Es ist wichtig, was man für sich spürt, denn kein anderer kann besser wissen, was für einen selbst am besten ist. In sich gehen, meditieren – sich Zeit nehmen. Das war mein Schlüssel.

Ich glaube nicht an eine Ursache für Krebs, ich denke es kommt vieles zusammen. Auch nach meiner Genesung habe ich mir viele Gedanken gemacht über Krebs. Er erkennt keine Grenzen an, er wächst in andere Zellen hinein. Wo erkenne ich eigentlich meine Grenzen nicht an? Ich habe weiter viel in mich hineingehört und an mir gearbeitet. Ich kann jetzt besser „nein“ sagen und die rote Lampe geht früher an. Parallel zu einem achtsameren Leben ernähre ich mich bewusster und sorge naturheilkundlich gut für mein Immunsystem. Ebenso hilft es mir zu visualisieren und mir zum Beispiel vorzustellen wie ich mit 90 Jahren auf mein Leben zurückblicke.

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